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Buchautorin Ashera Lux stellt Autoren vor

Buchtalk mal anders: Buchbloggerin trifft Autorin zum Gespräch

Wie lautet dein Buchtitel?

Ist das Kunst oder muss das weg? Die RAF im Spiegel von Gesellschaft und 
Kultur 40 Jahre nach dem Deutschen Herbst
 
In welchem Genre bewegt du dich?

Politik, Gesellschaft, Kultur
 
Wie viele Seiten hat dein Buch?

256 Seiten
 

 

Abgeschlossen oder Fortsetzung? Klappentext?

 

Es gibt keine direkte Fortsetzung, allerdings bearbeite ich auch in den nächsten Büchern die RAF als Themengegenstand. Der nächste Titel lautet Das grausam laute Schweigen der RAF. U.a. aus Gesprächen mit Silke Maier-Witt, Peter-Jürgen Boock.

 

 

Rückseitentext: Ist das Kunst oder muss das weg? Die RAF im Spiegel von Gesellschaft und Kultur.

 

Terroristen, Staat und Medien führten sich im Deutschen Herbst im Wechselspiel eines absurden Theaters gegenseitig an Abgründe. Die Rote Armee Fraktion hat in unserem Land ein Schlachtfeld verstörender Bilder hinterlassen und die Frage danach, wie man mit gewaltsamem Aufbegehren umgehen sollte. Heinrich Böll bezeichnete den Kampf der RAF gegen den Staat als „Krieg von 6 gegen 60 Millionen“. Obwohl unsere Demokratie niemals ernsthaft in Gefahr war, ist die RAF auch 40 Jahre nach dem blutigen Jahr 1977 ein Stachel in der Wunde der Gesellschaft. Heute noch bewegen sich Debatten um die RAF und die Reaktionen des Staates damals zwischen Terrormythos und Politfolklore. Steht das Gespenst RAF für ewige Nostalgie der radikalen Linken? Was machen Schrecken und Verunsicherung langfristig mit uns? 

 

Nach vier Jahrzehnten geben Kulturakteure und Zeitzeugen in diesem Buch Einblicke in ihre persönlichen Erfahrungen und künstlerische Arbeit zum Thema RAF. Gemeinsam gehen sie mit der Autorin der Frage nach, welche Relevanz die Aufarbeitung der RAF für die Gesellschaft heute hat. 

 

 


Wie kam es zu dem Buch? Bestand die Idee schon von vornherein oder hat diese sich im Verlauf entwickelt? Erzähl mir etwas darüber!
Die RAF bearbeite ich als Historikerin und Politologin bereits seit 17 Jahren. Schreiben wollte ich seit frühester Kindheit an, so dass es ab einem gewissen Moment lediglich eine logische Konsequenz war, dass mein erstes (eigenes) Buch nach meiner Arbeit in der PR und als Redakteurin dann die RAF behandelt. Dennoch arbeite ich auch anderen Buchprojekten wie z.B. Romanen und Ratgebern, die ich mit und mit – wenn die Zeit reif ist – veröffentlichen werde.
 

Warum schreibst du ausgerechnet in diesem Genre?
Ich bin ein neugieriger und kritischer Mensch, auch wenn für die Bücher über RAF die Neugierde nicht zwangsläufig die Triebfeder Nummer 1 ist. Mich treibt der Faktor Mensch um, der uns im ganzen Leben ständig begegnet. Was bewegt Menschen dazu, sich an den vermeintlichen Abgrund der Gesellschaft zu begeben oder den Rechtsstaat zu bekämpfen? Welche Charaktere setzten ihr Leben in den Dienst einer Sache und greifen andere Menschen im Namen des angeblich Guten an? Nur wenn wir die Motive und Beweggründe anderer ergründen, können wir Konflikte in der Gesellschaft lösen. Lediglich andere als das „Böse“ zu verdammen ist zu kurz gedacht und nutzlos. Unserer Gesellschaft mangelt es in stürmischen Zeiten an einer kritischen Masse und an kritischen Menschen, die auch Prozesse und Handlungen des Staates hinterfragen. Mit meiner Arbeit möchte ich Diskussionen anregen und Dialoge in Gang bringen – auch wenn die Ergebnisse nicht immer bequem sind.
 

 

Wie lange hast du dich damit befasst? Von der Entwicklung bis zur Veröffentlichung?
Vor der Veröffentlichung habe ich mich ca 16 Jahre mit der RAF beschäftigt – als Hobby, als Thema an der Uni im Studium, als Historikerin und als neugierige Nase. Geschichte und Politk an sich interessieren mich seit weit über 30 Jahren – seit meinem vierten Lebensjahr etwa.

 

 Wie sieht es mit deinen Recherchen aus? Oder hast du lieber alles deiner Fantasie überlassen?
Bei meinem Thema ist es fatal, sich auf die Fantasie zu verlassen. Die Beschäftigung mit Protestkultur, der 68er Bewegung und der RAF ist eine Recherchearbeit, die auch als mein Hobby zu beschreiben ist, so dass die berufliche Arbeit damit und die private Beschäftigung nicht von einander zu trennen sind. Beim durcharbeiten der der ersten Bücher kamen damals Zweifel und Skespis auf, so dass ich zu allem gegriffen habe, was ich thematisch finden konnte. Flugblätter aus der Studentenbwegung, alle Bücher, die der Markt neu und antiquarisch hergeben (einige Tausend), Ausstellungen, Stasi-Akten, Prozessakten, Obduktionsberichte (soweit verfügbar) etc. Während der Beschäftigung ergeben sich noch heute laufend neue Ansätze, so dass die Themen immer ausdifferenzierter werden. Wichtige Aspekte sind mit der Zeit hinzugekommen, die weit über die RAF an sich hinausgehen – unser staatliches System, das BKA, die Rolle von Juristen, Strafprozesse, Haftbedingungen, das soziale Umfeld von Tätern, Geheimdienste und vieles mehr.
 

Mit welchen Mitteln hast du gearbeitet? Klassisch Papier und Stift oder doch lieber Papyrus/Word? Oder gar eine Mischung?
Ich arbeite klassich mit Papier und fertige immer wieder – egal wo ich gerade bin – Notizen an. Irgendwann fliegen immens viele Schmierzettel, Konzepte und Skizzen rum. Diese übertrage ich in Dokumente und arbeite klassich mit Word, bis meine Lektorin und Grafikern dann meine Texte zur Bearbeitung erhalten. Ergänzend erstelle ich Seitenpläne auf Papier und am Whiteboard, um meine Struktur im laufenden Prozess abändern und optimieren zu können. Bei späteren Romanprojekten werde ich vermutlich auf Papyrus zurückgreifen.
 

 

Würdest du heute etwas daran ändern wollen? Wenn ja, was und warum?
An meiner Arbeitsweise und Struktur pfeile ich ständig. Meiner Meinung nach ist es fatal, wenn man sich nicht weiterentwickelt. An meinem Buch an sich würde ich nichts ändern. Jedoch finde ich laufend spannenden Persönlichkeiten, die sich alle mit der RAF künstlerisch beschäftigen oder in der Vergangenheit die RAF in ihre Arbit einbezogen haben. Die ein oder andere Arbeit finde ich natürlich so beeindruckend, dass ich mein Buch gefühlt endlos ausweiten könnte. Aber mehr Umfang als die Bibel, ist meinen Lesern wohl kaum zumutbar. J

 

 

Hast du einen Liebling? (Wenn es einen gibt natürlich)
Alle Gesprächspartner meines Buches habe ich sorgfältig ausgewählt – dementsprechend intensiv habe ich mich mit ihrem Schaffen und ihrem künstlerischen Anspruch intensiv beschäftigt. Jeder einzelne hat nach einem Auswahlprozess dann den Weg in mein Buch gefunden, andere habe ich vorher für mich persönlich ausgeschlossen, wieder andere habe ich gestrichen, nachdem auch schon Gespräche geführt wurden. Besonders herausragend war für mich die Gesprächbereitschaft, die mir Stefan Aust entgegengebracht hat und damit verbunden sein späteres Feedback bezüglich meiner Arbeit. Er ist Herausgeber der WELT, war sehr lange Chefredakteur des Spiegels und hat das Buch „Der Baader-Meinhof Komplex“ geschrieben – das Standardwerk zur RAF, von dem er 500.000 Stück verkauft hat. Seine Einladung in die Chefredaktion der WELT zum Gespräch war schon etwas Besonderes für mich. Er hat mich im Nachhinein als die „RAF Expertin meiner Generation“ bezeichnet. Somit sticht der Austausch mit ihm für mich besonders raus, auch wenn so mancher Gesprächspartner auch extrem brisante Informationen für mich hatte – somit mag ich natürlich alle auf ihre Art. Allgemein habe ich viele prominente Gesprächspartner, was mir eine riesige Freude bereitet.
 

 

Wen magst du am wenigsten?
Das ist mir zu pauschal. Prinzipiell hat es jeder selbst in der Hand, spannende Charaktere und Persönlichkeiten zu kreieren in einem Roman oder natürlich in einem Interview mit herausragenden Menschen und Experten ins Gespräch zu gehen. Die Bewertung der Qualität ist individuell und kann nicht verallgemeinert werden. Beispielsweise habe ich zwei Gesprächspartner aus meinem Buch getrichen, für die sich manch anderer vermutlich das Genick gebrochen hätte. Ich aber habe für mich entschieden, dass ich aus Prestigegründen nicht auf Biegen und Brechen mit Menschen arbeiten muss und mag, die meine Prozesse stören und negativ beeinträchtigen. Ich wäge ab, wer oder was zu mir passt und danach entscheide ich dann. Natürlich ist nicht jeder Informationsfluss gleich spannend, aber ich habe es immer noch in der Hand, das was mir nicht passt, zu verändern.
 

Wo hast du dein Cover machen lassen und wie ist es entstanden? Hattest du Schwierigkeiten oder warst du von Anfang an von dem Cover überzeugt? 
Irgendwann habe ich vor 16 Jahren begonnen, mich mit Graffiti zu beschäftigen. Mit politischen Aussagen an den Wänden, Schmierereien, Streetphilosophie und Aufklebern, die überall um uns herum das Bild von Städten prägen. Es mag komisch klingen, aber Ideen zum Buchtitel und zum Cover habe ich häufig nachts, wenn ich im Übergang zur Erholung bin. Mein Cover hat meine Grafikerin umgesetzt, die konkreten Ideen und Vorstellungen dazu hatte ich. Mir sind die Cover der Bücher zur RAF und diverse Schriften seit 1970 bekannt, so dass ich mich natürlich auch bei anderen umsehe. Als Fotografin habe ich viele Ideen, deren Umsetzung ich dann mit meiner Grafikern bespreche. Das Graffiti auf meinen Cover stammt übrigens von einer Wand an der Stuttgarter Uni. Dort war es – scheinbar unbeachtet – viele Jahre an der Wand. Die Gesichter der Terroristen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan Carl Raspe sind geschwärzt – das haben wir nicht nachträglich eingefügt. Daneben steht – ebenfalls übersprüht – „Glaubt den Lügen der Mörder nicht“. Die übersprühten Gesichter passen sehr gut zu meinem Titel, da ich mit „Ist das Kunst oder muss das weg“ sowohl die Existenz der RAF Führung als auch die künstlerische Arbeit dazu in Frage stelle. Es mag ein witziger Zufall sein, aber kurz nach der Anfertigung meines Covers wurde die Wand nach vielen Jahren gereinigt, so dass ich gerade noch rechtzeitig ein Stück Zeitgeschichte festgehalten habe. 
 
Als lustige Anekdote kann ich aber sagen, dass auch bei mir die Auswahl nicht immer so reibunslos verläuft. Zuvor hatte ich ein anderes Graffiti für das Cover ausgesucht. Wir haben es grafisch dann versucht als Cover zu gestalten und es erinnerte als Ergebnis dann eher an ein Kindermalbuch. Von der Idee haben wir uns dann direkt verabschiedet. Übrigens waren neben meinen Coverbild noch andere spannende Abbildungen an der Uni zu sehen – diese habe ich ebenfalls fotografiert. Sie werden als Cover zukünftiger Bücher genutzt.
 

Testleser? Lektorat/Korrektorat? Oder hast du dich alleine auf den Weg ins Unbekannte gestürzt? 
Testleser nutze ich nur indirekt, indem zwei drei enge Freunde immer mal wieder zwischendurch auf einzelne Abschnitte sehen. Anonsten habe ich zwei Lektoren, die mich bzw. meine Arbeit in die Mangel nehmen J. Eine Lektorin achtet auf sprachliche Fehler und Feinheiten, der andere schaut ergänzend auch darauf, wie schlüssig Übergange und fachliche Zusammenhänge sind, da er auch historisch interessiert ist. Die Korrektur ist natürlich schon anders aufzubauen, als es bei einem Roman der Fall ist. 

 

Wie kam es bei den Lesern an? Sofern du das natürlich weißt ;-) 
Mein Thema bedient nicht den Mainstream, sorgt aber bei einer breiten Masse für Aufmerksamkeit. Bisher war das Feedback extrem positiv und konstruktiv. Mit meiner Arbeit möchte ich Neugierde wecken, was bisher glaube ich gut gelungen ist. In Lesungen trage ich nicht nur Fakten und Texte aus meinen Büchern vor, sondern auch Anekdoten, die ich bei der Beschäftigung mit der RAF und alles was dazugehört, erlebe. Diese Ereignisse verschriftliche ich zu kurzen Essays. Bisher war das Feedback darauf extrem positiv und die Zuhörer hatten Lust, auch näher in mein Buch einzusteigen.
 

 

Gibt es auch Hater?
Wenn man sich kritisch mit dem Staat beschäftigt und das im Kontext zu denen, die ihn grob gesagt beseitigen wollten, wird es immer Kritiker geben. Direkte Kritik habe ich noch keine erfahren, aber sicherlich findet nicht jeder meine Arbeit gut. Hater verbinde ich eher mit einem anonymen Handeln und einem Shitstorm in sozialen Medien – das spielt für mich keine Rolle. Ich bediene keine Lifestyle-Themen – wie viele Instagramer – und begebe mich nicht auf dünnes Eis. Vielleicht findet der ein oder andere die RAF als Thema überholt und würde deshalb eventuell Kritik üben, aber das spielt für mich keine Rolle. Wenn ein Rechtsstaat stabil bestehen soll, muss über Geschichte und alte Geschehnisse berichtet werden, damit wir daraus lernen können. Sollte mich dafür jemand ablehnen, gibt das Aufschluss über seinen Horizont, nicht aber über meinen.
 

 

Was war für dich das schönste Erlebnis an diesem Buch?
Der gesamte Prozess von der Idee zur Umsetzung war großartig. Die Lieferung der Bücher ist fein, aber nicht so herausragend, wie es oft dargestellt wird. In der Tat finde ich Lesungen und die Reaktionen des Publikums extrem schön. Jeder neue Austausch trägt dazu bei, dass auch die kommenden Projekte zu meinem Thema wachsen können.

 


Was war für dich das schrecklichste Erlebnis?
Es gibt keins.

 


Gibt es eine Message? Wenn ja, welche?
Schaut auf die Entwicklung dieses Landes und sorgt dafür, dass sich Menschen aktiv einbringen! Eine kritische Masse ist erforderlich und wünschenswert, damit wir alle uns – auch Autoren – frei entfalten können und kulturelle Beiträge liefern dürfen und können. Niemand sollte sich entmutigen lassen und sich seiner Ziele immer bewusst werden. Autoren sollten sich generell mehr auch als Unternehmer empfinden, auch wenn sie ihr Buch nicht selbst veröffentlichen. Als Unternehmer ist das Gefühl für das Projekt sehr verbindlich und im besten Fall klar definiert, so dass der Bezug zu den eigenen Idealen die Triebfeder bei der Umsetzung ist. Wer nicht weiß, wohin er mit seinem Buch will und nicht dazu bereit ist, in die Tiefe zu gehen bei der Arbeit, muss sich über mangelnde Resonanz und Kritik nicht wundern. Viele Autoren bewegen sich freiwllig in einem unprofessionellen Rahmen und jammern, statt ihre haltung zu ändern. Jeder hat seinen Erfolg selbst im Griff und kann dazu beitragen.

Ist das Buch jemandem gewidmet?

Nein. Aber ich danke zu Beginn einer unglaublich tollen Psychologin aus Stuttgart: Frau Sabine Jost. Ihr bin ich für ihre Impulse überaus dankbar, da ich meine Arbeit dank ihrer Anregungen viel besser umsetzen konnte.

 
Was würdest du gerne deinen Lesern sagen?

Kontaktiert mich und erzählt mir von euren Ansichten und Erlebnisse. Habt ihr Fahndungen miterlebt? Wie hektisch und bedrohlich waren die Zeiten der RAF für euch? Und natürlich – wie gefällt euch meine Arbeit?

 
Gibt es noch irgendetwas persönliches was du hinzufügen möchtest? Etwas, was dir am Herzen liegt? 
Im Rahmen meines nächsten Buches „Das grausam laute Schweigen der RAF“ starte ich eine Crowdfounding-Aktion über www.startnext.comVielleicht hat jemand Lust sich anzuschliessen oder es dann mit seinem Netzwerk zu teilen.

 
Hast du eine Autorenseite, wo man all deine Werke bestaunen kann? 
Meine Seite lautet www.gallip-verlag.de. Bei Instagram (hillersdaniela) zeige ich nahezu täglich, welche Graffitis und Lebensansichten ich auf den Wänden finde.

 
So eine kleine Off-the-topic Frage:
 
 
Wie würdest du dieses Projekt bewerten? Konstruktive Kritik erwünscht :-) Da ich noch weitere Projekte dieser Art in Angriff nehmen möchte, würde es mich freuen, wenn ich weiß worauf ich in Zukunft achten könnte ;-) 
 
Ich bin auf die Umsetzung gespannt. Allgmein mag ich die Fragen sehr, da sich jeder Autor intensiv mit dem Aufbau, der Art und der Wirkung seiner Arbekt intensiv auseinander setzen muss, wenn er keine 0815-Antworten geben möchte. Tiefe erfordert Verständnis für das eigene Tun. Leider habe ich manchmal das Gefühl, dass sich Autoren damit schwer tun. Vor allem dann, wenn sie mit schlechten Covern zB den zehntausendsten Vampir-Roman rausbringen und sich dann wundern, warum sich niemand dafür interessiert. (Das kannst du übrigens gerne abdrucken)